13.03.2023

Premiere von Gut gegen Nordwind - Liebesutopie aus Buchstaben

E-Mail Dialoge werden in dem neuen Theaterstück der Oberkircher Burgbühne zu einem Gespräch zwischen zwei Verliebten, die sich noch nie gesehen haben.
Bericht und Foto von Katharina Reich - Copyright: Reiff medien

Oberkirch. Ein Tippfehler in der E-Mail-Adresse mit Folgen: In Daniel Glattauers Zwei-Personen- Stück „Gut gegen Nordwind“ entsteht Liebe allein über Worte. Die Burgbühne Oberkirch ließ die Zuschauer bei der Premiere am Freitagabend im freche Hus an den komischen und anrührenden Seiten einer E-Mail-Beziehung teilhaben. Ein für die Schauspieler Jenny Schneider und Thomas Wiegert sprachlich und emotional anspruchsvolles Stück, das die beiden mit Bravour meisterten.

Fehler mit Folgen

Eigentlich wollte Emmi Rothner nur ihr Zeitungsabonnement kündigen. Ein Fehler in der E-Mailadresse lässt die Nachricht bei Sprachwissenschaftler Leo Leike landen. Aus dem zufälligen Kontakt wird eine besondere Brieffreundschaft. Über Monate schreiben sich die beiden Protagonisten E-Mails – mal ironisch-witzig, mal nachdenklich, mal romantisch und erotisch.

Es entsteht eine Beziehung rein über das geschriebene Wort. Um ein Treffen schleichen die beiden immer wieder herum wie die Katze um den heißen Brei. Zu groß ist die Furcht, sich bei persönlichem Kontakt entweder gar nicht oder zu sehr zu gefallen. Denn in der sich entwickelnden Online-Beziehung gibt es einen Haken: Emmi ist verheiratet. Das Regie-Duo Johanna Graupe und Arthur Hilberer hat sich einiges einfallen lassen, um ein Theaterstück unterhaltsam zu gestalten, das ausschließlich aus Dialogen besteht, bei denen sich die Protagonisten niemals direkt gegenüberstehen. Durch ständig wechselndes Licht, Kleidungstausch – vom Neglige in die Bluse und wieder zurück – und Übertitel mit Informationen zum zeitlichen Verlauf der Beziehung hat das Stück Struktur gewonnen. Die Dialoge, eigentlich ja per E-Mail aufgeschrieben, wurden im Theaterstück zum Gespräch, manchmal zum temporeichen, kommunikativen Ping-Pong-Spiel zwischen den Verliebten.

Jenny Schneider und Thomas Wiegert brachten mit anspruchsvollen Texten eine breite Gefühlspalette auf die Bühne. Mal keck, wenn Leo Emmi anhand ihres Schreibstils äußerlich zu umschreiben versuchte: „Sie schreiben jünger als Sie sind. Sie sind etwa 40 Jahre alt und haben Schuhgröße 37“. Mal romantisch: „Schreiben ist wie Küssen mit dem Kopf“. Die bildhafte, rasante Sprache Glattauers macht das Stück anspruchsvoll für die Schauspieler und unterhaltsam für das Publikum. „Ich bin für Sie wie Telefonsex ohne Sex und ohne Telefon und ein bisschen Kosmetik für den abgeschminkten Gefühlsalltag“, warf die wortgewandte Emmi Leo vor. Mit Verlauf des Stücks nahm der Druck zu, die „Liebesutopie aus Buchstaben gebaut“ einem realen Treffen gegenüberzustellen. Ob es dazu kam, sei hier nicht verraten. Das lässt sich bei einer der nächsten Vorstellungen im freche Hus erfahren: 11., 12., 18., 22., 23., 25 und 26. März. Mittwochs und sonntags um 19 Uhr, sonst um 20 Uhr.